Icon-Hecke

Empfehlungen für eine effektive Förderung und Finanzierung

Hecken

Anmerkungen zu unseren Vorschlägen: Dies sind Vorschläge zur Gestaltung von Hecken-Förderprogrammen und Vorgaben zur Kompensation mit Hecken. Sie wurden von BaumLand auf Grundlage einer Analyse der in den verschiedenen Bundesländern bereits vorhandenen Förderprogramme aufgestellt und werden im Dialog mit unterschiedlichen Akteuren kontinuierlich von uns weiter entwickelt. Sie sollen dabei einen strukturierten Überblick vermitteln; auf dieser Basis können für die einzelnen Bundesländer prioritäre Handlungsbedarfe ermittelt werden.

 

1. Vorbemerkungen

In der Literatur wie auch in den deutschen relevanten Rechtstexten (deutsche Naturschutzgesetze und GAPKondV) tauchen die Begriffe Hecken, Feldhecken, Wallhecken und Knicks auf. Feldhecke bezeichnet dabei stets Hecken, die ebenerdig zu den umgebenden Flächen stehen. Die Begriffe Wallhecke und Knick werden synonym für Anpflanzungen verwendet, die auf einer linearen Erhöhung – einem Wall – stehen: Knick ist dabei die traditionelle Bezeichnung von Wallhecken besonders in Norddeutschland und bezieht sich historisch auf die heute sehr selten gewordene Tradition des „Knickens“ der Pflanzen, die eine Hecke dicht und undurchlässig für Tiere macht. Der Begriff wird in den Gesetzen jedoch unabhängig vom tatsächlichen „Knickzustand“ der Wallhecken synonym für Wallhecke verwendet. Der Begriff Hecke wird teilweise in Abgrenzung zur Wallhecke spezifisch für die ebenerdige Variante, sprich als Synonym für Feldhecke verwendet, teilweise als Oberbegriff für die ebenerdige und die auf einem Wall stehende Variante.

 

In letzterer Weise ist auch unsere Verwendung des Begriffes Hecke zu verstehen: Wenn wir spezifisch nur ebenerdige Hecken meinen, reden wir von Feldhecke. Die auf einem Wall stehende Hecke nennen wir Wallhecke, um den Begriff Knick nur tatsächlich geknickten Wallhecken vorzubehalten.

Um insbesondere unsere Empfehlungen zum Thema Nutzbarkeit und die auf Beseitigungseinschränkungen basierenden Vorschläge zu verstehen, ist ein kurzer Überblick über die derzeitige rechtliche Situation in Deutschland hilfreich:

 

Die deutsche Verordnung zur Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik geltenden Konditionalität (GAP-Konditionalitäten-Verordnung, kurz GAPKondV), § 23, legt für Hecken1 zwei Dinge fest:

 

  1. Hecken, verstanden als lineare Strukturelemente, die überwiegend mit Gehölzen bewachsen sind, eine Mindestlänge von 10 Metern sowie eine Durchschnittsbreite von bis zu 15 Metern aufweisen (kleinere Unterbrechungen ändern daran nichts) dürfen nicht beseitigt werden, mit Ausnahme von Gehölzen in Agroforstsystemen2. Mit dem Beseitigungsverbot ist allerdings keine Pflicht zur Pflege verbunden; Pflegemaßnahmen gelten als „nichtproduktiv“ und zwar „auch, wenn dabei insbesondere anfallendes Schnittgut anschließend verwertet wird.“
  2. Die Pflanzen in Hecken fallen außerdem unter „wild lebende Pflanzen“, die nach § 39 BNatSchG „ohne vernünftigen Grund“ weder von ihrem Standort entnommen noch genutzt werden dürfen. Gewerbsmäßiges „Entnehmen, Be- oder Verarbeiten“ bedarf, auch durch die Besitzer:innen oder Pächter:innen, einer „Genehmigung der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde“. Diese ist allerdings zu erteilen, „wenn der Bestand der betreffenden Art am Ort der Entnahme nicht gefährdet und der Naturhaushalt nicht erheblich beeinträchtigt wird“; die Entnahme muss immer „pfleglich“ erfolgen.

 

Zum Verständnis: Laut anerkannten juristischen Kommentaren umfasst „Nutzen“ – unabhängig davon, ob zum Eigenbedarf oder für eine gewerbliche Verarbeitung – sowohl die Verwertung von Schnittgut als auch das Ernten von Früchten oder Blättern3.

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1: Betrifft Feld- und Wallhecken, dort bezeichnet als „Hecken und Knicks“.

2: Agroforstsysteme nach § 4 Absatz 2 der GAP-Direktzahlungen-Verordnung.

3: Ludger Giesberts, Michael Reinhardt (Hgg.), Umweltrecht: BImSchG, KrWG, BBodSchG, WHG, BNatSchG. Kommentar, München 2018.

2. Grundsätzliches

Unser Vorschlag: Eine essentielle Grundlage zur Bestandssicherung und ggf. gezielten Erweiterung des vorhandenen Heckennetzes ist ein bundesweit einheitliches und möglichst niederschwellig einsehbares Kataster, an dem Behörden aus unterschiedlichen Bereichen koordiniert mitwirken.

 

Für Hecken gilt zwar ein Beseitigungsverbot, das kann aber nicht durchgesetzt werden, wenn kein offizieller Überblick über deren Standorte besteht. Deshalb braucht es eine systematische Erfassung bestehender Heckenstrukturen im Sinne der GAPKondV. Idealerweise sollte neben dem Standort und den Ausmaßen der einzelnen Hecke auch Eckdaten zum Pflegezustand, zur Pflanzenzusammensetzung sowie zur Kulturform1 der Hecke hinterlegt werden2.

 

Groß gedacht könnte man auch gleich ein gemeinsames Kataster für Alleen, Hecken, Streuobstwiesen und moderne Agroforstsysteme anlegen: Diese Datensammlung kann dann perspektivisch nicht nur für Rechtssicherheit sorgen, wenn etwa in 30 Jahren unklar ist, ob es sich bei einem bestimmten Gehölzstreifen um einen entfernbaren modernen Agroforststreifen handelt oder um eine nicht zur Beseitigung freigegebene Hecke. Vielmehr könnte es auch im touristischen oder Bildungs-Bereich genutzt werden, um schöne Wanderrouten entlang von Hecken und/oder Alleen usw. ausfindig zu machen, um sich zu informieren, wo Hecken einer bestimmten traditionellen Form stehen usw.

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1: z. B. einfach nebeneinander stehende Sträucher, Stufenhecke (historisch, heute aber wild wachsend / aktuell als Stufenhecke gepflegt), Nieheimer Flechthecke, gelegte Hecke nach Stil XY, …

2: Dem Wunsch nach einem Heckenkataster wurde besonders von Akteuren in NRW Nachdruck verliehen, die festgestellt haben, dass es sich diese Aufgabe auf kommunale Ebene oder gar auf ehrenamtlicher Basis aber nicht stemmen und nachhaltig sichern lässt.

Unser Vorschlag: Um eine fachgerechte Durchführung von Maßnahmen sicherzustellen, die mit öffentlichen Geldern finanziert oder gefördert werden, sind standardmäßige Kontrollen durch fachkundige Personen nötig. Sie sollten verbunden werden mit grundsätzlichen Kontrollen, ob alle Hecken vorhanden sind.

 

Falsches Schneiden von Heckenpflanzen kann Krankheiten begünstigen und zum Absterben der Pflanzen führen. Beispielsweise kommt beim maschinellen Abstocken von Heckenpflanzen heute in der Regel eine Maschine mit Greifarmen zum Einsatz, die die Äste zusammendrückt, während sie darunter abgeschnitten werden. Wenn der ausgeübte Druck hier zu groß ist, kommt es in Kombination mit dem plötzlichen Nachlassen des Druckes beim Durchtrennen der Äste zum Aufreißen der verbliebenen Aststummel darunter, teilweise bis hinab zur Wurzel. Auch müssen die gekürzte Stämme und Äste anschließend nachgesägt werden, damit eine leicht schräge, nicht in Südrichtung gerichtete Schnittfläche entsteht, auf der Regenwasser nicht stehen bleibt und somit für Fäulnis sorgt, sondern abfließt. Auch bei vertikalen bzw. besser leicht schrägen seitlichen Rückschnitten von Hecken gibt es einiges zu beachten, um die Hecke vital und dicht zu erhalten.

 

Erfahrungen zeigen, dass in Anspruch genommene Fördergelder für Maßnahmen mitunter sogar nicht nur nicht fachgerecht, sondern auch gar nicht ausgeführt werden. Auch bei im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen vereinbarten Heckenprojekten muss überprüft werden, ob die vereinbarten Pflanzungen und Pflegemaßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Eine Kontrolle durch dazu geschultes Fachpersonal1 muss daher sowohl im Kontext von Förderprogrammen als auch bei Kompensationsmaßnahmen standardmäßig durchgeführt werden.

Obwohl Hecken durch die GAPKondV geschützt sind, werden nach wie vor Hecken widerrechtlich entfernt. Um das Beseitigungsverbot durchzusetzen, sind daher regelmäßige Kontrollen vor Ort erforderlich, ob die durch die GAPKondV geschützten Hecken auch wirklich noch vorhanden sind. Als Grundlage dafür ist natürlich ein entsprechender Überblick vonnöten (vgl. Punkt 2.1). Diese Kontrolle könnte mit der Kontrolle geförderter Maßnahmen logistisch kombiniert werden.

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1: Das könnten z. B. UNB-Mitarbeiter:innen sein, die dafür etwa im Rahmen einer Tagesschulung die erforderlichen Kenntnisse vermittelt bekommen.

Unser Vorschlag:  Hecken sollten einen starken rechtlichen Schutz erfahren, indem er in den Landesnaturschutzgesetzen oder gar -verfassungen verankert wird.

 

Die GAPKondV (vgl. Vorbemerkungen) stellt lediglich einen negativen Schutz dar, indem sie das Beseitigen von Hecken verbietet. Ein stärkerer Schutz wäre eine positive Unterschutzstellung von Hecken und dessen Verankerung in den Landesnaturschutzgesetzen.

 

Das Bundesnaturschutzgesetz eröffnet dazu zwei Möglichkeiten:

 

  1. 30 BNatSchG ermöglicht den Ländern, Hecken in ihrem Hoheitsgebiet als „gesetzlich geschütztes Biotop“ zu erklären. Dieser Schutzstatus bedeutet, dass „Handlungen, die zu Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung“ des Biotopes führen, verboten sind. Inhaltlich geht dieser Schutz also nicht über das Verbot hinaus, das auch die GAPKondV schon für Hecken festlegt, verstärkt es lediglich durch Verankerung im LNatSchG. Von dieser Schutzmöglichkeit machen aktuell sieben Länder in Deutschland1 Gebrauch.
  2. Die zweite vom BNatSchG eröffnete Option ist die Unterschutzstellung als „geschützter Landschaftsbestandteil“ (§ 29)2. Das ist das stärkere Schutzinstrument: Anders als beim geschützten Biotop impliziert dieser Schutzstatus neben einem breiteren Verbot – nämlich von Handlungen, die zu Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung führen können – auch die Möglichkeit, im Falle einer Bestandsminderung eine „Verpflichtung zu einer angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzung oder zur Leistung von Ersatz in Geld“ zu verfügen. Dieses Schutzinstrument ist im BNatSchG explizit für Hecken angedacht, muss dazu aber von den einzelnen Ländern für ihr Gebiet erklärt werden. Dieser Möglichkeit bedienen sich bislang nur zwei Länder, nämlich Niedersachsen und Thüringen. Wir empfehlen, diesen starken Schutzstatus für Hecken in allen Bundesländern zu aktivieren.

Wichtig ist dabei, dass Hecken einen eigenen Paragraphen bekommen, in dem sie als geschützte Landschaftsbestandteile erklärt werden. Das hebt sie ersten deutlicher hervor als eine bloße Aufzählung im Verbund mit anderen Schutzgütern. Zweitens sieht die Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes ausdrücklich vor, dass es zum Thema verbotener „Änderungen“ an so geschützten Landschaftselementen „nähere Bestimmungen“ geben soll: Ein entsprechender Hecken-Paragraph könnte gleich bestimmen, dass die Nutzung von Früchten und Blättern der Hecken erlaubt und erwünscht ist; das erspart viel bürokratischen Genehmigungsaufwand schafft Rechtssicherheit für Landwirt:innen und andere Hersteller:innen von Heckenprodukten (vgl. Punkt 3.5).

 

In einem zweiten Schritt wäre eine noch stärkere Verankerung der Bedeutung von Hecken möglich: Mecklenburg-Vorpommern hält in seiner Landesverfassung die Aufgabe von Land, Gemeinden und Kreisen fest, „die Landschaft mit ihren Naturschönheiten, Wäldern, Fluren und Alleen, die Binnengewässer und die Küste […]” zu schützen und zu pflegen3. Andere Länder sollten diesem Beispiel folgen, dabei könnten in diesen Kanon der zu schützenden Landschaftselemente leicht auch Hecken aufgenommen werden, was einen besonders starken Schutz darstellen würde.

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1: Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein.

2: Hier werden bereits die wichtigen Funktionen eines solchen Landschaftselementes expliziert und somit ins Bewusstsein gehoben: Es ist wichtig für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen, oder hat eine Bedeutung als Lebensstätte bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Bereits eine dieser vier Funktionskategorien wäre ausreichend, um einem Landschaftselement diesen Schutzstatus zuteil werden zu lassen – Hecken erfüllen sie alle!

3: Verfassung von Mecklenburg-Vorpommer, Artikel 12 Absatz 2.

3. Gestaltung von Förderprogrammen

Unser Vorschlag: Fördersätze für Heckenpflanzungen sollten alle Fertigstellungskosten einer Hecke in voller Höhe abdecken. Dies beinhaltet Beratung, Planung, Pflanzung und Anwuchspflege.

 

Eine Heckenpflanzung ist mit hohen Investitionskosten und später hohen Pflegekosten verbunden. Die positiven Effekte der Hecke kommen dabei erst langfristig zum Tragen. Für viele Landwirt:innen und Flächeneigentümer:innen ist es daher nur möglich Hecken zu pflanzen, wenn Förderprogramme alle Kosten der Anlage finanzieren. Besonders attraktiv sind dabei angemessen hohe Festbetragsfördersätze. Sie bedeuten eine hohe Planungssicherheit. Die Förderprogramme für das Anlegen von Hecken in Sachsen und Niedersachsen mit Festbetragsfördersätzen von mindestens 7,50€/m2 erfüllen diese Kriterien und weisen daher mit 3,44 Millionen geförderten m2 Hecke eine sehr erfolgreiche Bilanz auf.

 

In Blick auf die Artenvielfalt ist es begrüßenswert, wenn es eine Mischung aus schmalen, breiten, hohen, niedrigen, alten und jungen Hecken(abschnitten) gibt. Denn so werden eine große Bandbreite verschiedener Organismen gefördert. Der Festpreis pro m2 bietet einen Anreiz für breite Hecken (geringere Kosten inkl. Zaunbau pro m2). Daher sind Zuschläge für schmalere Hecken sinnvoll, diese sind auch aus der Perspektive der Landbewirtschaftung oft attraktiver und haben daher eine höhere Akzeptanz.

Unser Vorschlag: Die Bereitstellung landwirtschaftlicher Nutzflächen für Heckenpflanzungen muss zusätzlich zu den Etablierungs- und Pflegekosten honoriert werden.

 

Landwirt:innen und Landeigentümer:innen müssen für Heckenpflanzungen landwirtschaftliche Nutzflächen aufgeben: Der künftig von einer Hecke beanspruchte Teil des Ackers kann künftig nicht mehr beackert bzw. dafür verpachtet werden. Das macht die Neuanlage finanziell sehr unattraktiv, besonders für die Flächeneigentümer:innen. Eine Lösung dafür wäre, den Marktpreis dieser Fläche einmalig zu „entschädigen“. Bislang gibt es solche Entgelte für die Bereitstellung der Fläche bei Neuanlage einer Hecke in zwei Bundesländern, allerdings sind hier pauschale Flächenpreise vorgesehen, die nicht auf den tatsächlichen Flächenwert1 eingehen: In Bayern wird die Bereitstellung bislang landwirtschaftlich genutzter Fläche zur Anlage einer Hecke2 einmalig mit 40ct/m2 gefördert34, in Niedersachsen ist der Verkehrswertverlust mit 74ct/m2 in der Förderung der Anlage einmalig berücksichtigt.

Baden-Württemberg geht einen anderen Weg und ersetzt den Flächenwert wie bei einer Pacht jährlich: Hier kann für den Verlust der Heckenfläche für den Ackerbau im Rahmen von Vertragsnaturschutz eine Förderung von jährlich 6ct/m2 beantragt werden5.

 

Eine solche Förderung von Heckenfläche als „Verlust-Fläche“ sollte in jedem Fall nicht für Hecken als Teil eines modernen Agroforstsystems gelten.

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1: Dieser kann je nach Bodenqualität und Lage sehr unterschiedlich ausfallen, sodass in „besonders fruchtbaren“ Gegenden die Anlage von Hecken bislang besonders unattraktiv ist, da hier ein ungleich höherer „Wertverlust“ für die Eigentümer:innen entsteht.

2: Diese Neuanlage muss im Rahmen des Förderprogramms I88 gefördert werden.

3: Die Angaben in den Richtlinien erfolgen teilweise in € pro Hektar, teilweise in € pro Ar. Der besseren Vergleichbarkeit halber haben wir sie einheitlich in € pro Quadratmeter umgerechnet, die bei Hecken eine besser vorstellbare Größenordnung sind.

4: KULAP-Maßnahme K88, vgl. https://www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/agrarpolitik/dateien/m_aukm.pdf, S.15.

5: Landschaftspflegerichtlinie Teil A, ab einer Bagatellgrenze von 200€ pro Jahr, das entspricht mindestens 3334 an Hecken- oder anderer für den Naturschutz nicht beackerter Fläche (z. B. Blühstreifen).

Unser Vorschlag: Ein fachgerechter Sanierungs- und Pflegeschnitt von Hecken muss als eigener Fördergegenstand in Hecken-Förderprogrammen enthalten sein.

 

Das vielerorts fehlende Heckenmanagement aufgrund geringer Förderung, mangelnder wirtschaftlich tragfähiger Nutzungsperspektiven und pauschalen Restriktionen hat dazu geführt, dass viele bestehende Hecken aufgrund von Verkahlung im unteren Bereich ihre Ökosystemdienstleistungen im Erosionsschutz und dem Erhalt der Biodiversität nicht mehr erfüllen. Zudem benötigen Landwirt:innen und Flächeneigentümer:innen bei der Pflanzung von Hecken die Sicherheit, dass die angelegten Hecken in ihrer ursprünglichen Größe gehalten werden können, und nicht in angrenzende Flächen hineinragen und dort zu Ertragsminderungen oder Verkehrsbehinderungen führen. Ohne die Perspektive, die Pflege durch Förderung zu bezahlen und ggf. an Dritte abgeben zu können, bleibt die Anlage von Hecken für viele Landwirt:innen und Flächeneigentümer:innen unattraktiv und wird nicht umgesetzt. Ein fachgerechter Rückschnitt ist kostenintensiv, auch bei Verwertung des Schnittgutes nicht allein wirtschaftlich tragfähig und bedarf daher angemessen hoher Fördersätze. Als erfolgreiches Beispiel kann auch hier eine Förderung aus Sachsen angeführt werden; hier gewährt die Förderrichtlinie Natürliches Erbe (RL NE/2014 bzw. neu FRL NE/2023) alle 7 bis 15 Jahre einen Förderbetrag von 6,77 €/m2 Hecke für die fachgerechte Heckenpflege.

Unser Vorschlag: Zum Erhalt traditioneller Hecken- und damit Landschafts-Gestaltungsformen, deren Anlage mehr Zeit und spezifischere Kenntnisse erfordert als bloßes Abstocken der Gehölze, sollten höhere Stundensätze oder Festbeträge pro laufendem Meter Hecke genehmigt oder in eigenen Fördermodulen festgelegt werden.

 

Überall in Europa gab es historisch Hecken, die auf regional unterschiedlich ausgeprägte Weisen zu für Weide- und Wildvieh undurchdringlichen „lebendigen Zäunen“ geformt wurden: Je nach vorherrschender Gehölzart durch Biegen und/oder Knicken, teils in Kombination mit dem Zurückschneiden einzelner Pflanzen in verschiedenen Höhen („Stufen“), oder durch kreuzförmiges Verflechten. An alten Knicks in Schleswig-Holstein kann beobachtet werden, dass hier auch die heute fast nur noch in den Niederlanden und Großbritannien praktizierte Technik des Heckenlegens üblich war1. Seit der Einführung des industriell hergestellten Stacheldrahtes in Deutschland in den 1880er Jahren ist diese Art der Heckenpflege jedoch stark zurückgegangen und vielerorts bereits gänzlich in Vergessenheit geraten. In einzelnen Regionen ist die regional verwurzelte traditionelle Heckenform überliefert: Dazu gehören die Wallhecken im Münsterland und in Schleswig-Holstein (in letzterer Region aufgrund der traditionellen Bearbeitungsart „Knicks“ genannt), ebenfalls aus dem Münsterland die „Lippborger Biegehecke“ sowie die „Nieheimer Flechthecke“ im Paderborner Land sowie die Marktoberdorfer Biegehecke im Ostallgäu2.

 

Die historischen Heckenformen und ihre Pflegemaßnahmen haben große Vorteile gegenüber einem bloßem Abstocken von Heckenpflanzen („auf-den-Stock-Setzen“: in 60 bis 90 cm Höhe oder „auf-den-Stubben-Setzen“: „eine Handbreit über dem Boden → bis 40 cm Höhe3), das vielerorts als einzige Form der Pflegemaßnahme verblieben ist. Werden alle Pflanzen eines Heckenabschnitts abgestockt, verlieren sie und die in ihnen lebenden Tiere sämtlichen Schutz vor Witterung und Fressfeinden. Besonders in ausgeräumten Landschaften finden viele Heckenlebewesen dann keine Ersatzzuflucht. Manche Vogelarten haben ihre Reviere, sodass auch die Vögel, die im verschwundenen Heckenabschnitt gelebt haben, nicht ohne weiteres in den verschonten Nachbarabschnitt der Hecke umsiedeln können – dieser ist ggf. schon von anderen Artgenossen besetzt. Wird eine Hecke dagegen wie traditionell üblich nur strauchweise zurückgeschnitten, geknickt, nachgebunden usw., kommt es nicht zu diesem in regelmäßigen Abständen sich wiederholenden Wegfall des Lebensraumes. Alle Funktionen der Hecke bleiben kontinuierlich erhalten.

 

Diese Arbeit erfordert spezifische traditionelle Kenntnisse, die nurmehr von wenigen Menschen beherrscht und meist ehrenamtlich weitergegeben und angewendet werden. Dieses Kulturerbe4 – sowohl der Anblick entsprechend traditionell gestalteter Hecken in der Landschaft wie auch die dazugehörigen Kenntnisse – drohen verloren zu gehen. In Großbritannien erfahren die dort verbreiteten vielfältigen regionalen Legetechniken seit etwa 40 Jahren eine Renaissance, indem unter dem Motto „preserving the past to protect the future“ sehr erfolgreich die Kombination aus Kulturerbe und ökologischem Mehrwert in das öffentliche Bewusstsein getragen wurde; inzwischen interessieren sich dort auch vermehrt junge Menschen für das Erlernen dieser Kulturtechniken. Das sollte auch in Deutschland unser Ziel sein. Denkbar wären neben ausreichend hohen Fördersätzen zur Durchführung der notwendigen Arbeiten5 (ggf. in Kooperation mit Fördermitteln aus dem Bereich der Kulturförderung) auch eine Implementierung in Freilichtmuseen6, die Einrichtung von Kursen, Angebote für Schulexkursionen, etc.

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1: Die verschiedenen Bearbeitungstechniken führen nach der Verheilung zu sehr spezifischen Narbenmustern, an denen bei noch erhaltenen alten Heckenpflanzen erkennbar ist, ob sie einst geknickt oder eingehauen und geknickt wurden oder ob in der „englischen“ Art eine spezielle Lasche ausgearbeitet wurde, mit der die Pflanzen dann gelegt werden konnten. Es gibt dazu bislang keine schriftlichen Veröffentlichungen, diese Beobachtungen hat Jürgen Golz gemacht, der sich seit über 20 Jahren intensiv mit den verschiedenen Knick- und Legeformen von Feld- und Wallhecken befasst.

2: Für sie suchen wir aktuell noch nach verbliebenen Exemplaren und Menschen, die diese Technik noch kennen; der letzte uns bekannte Bericht darüber stammt von 2013.

3: Historisch rühren die beiden Begriffe daher, dass man bei der Pflege einer in Stufen geschnittenen Hecke etwa ein Drittel der Pflanzen „auf den Stock“ setzte, also in Zaunpfahl-Höhe abschnitt, um etwa ein weiteres Drittel der Pflanzen auf diese Höhe herunterzubiegen und daran als Querverriegelung festzubinden. Das verbleibende Drittel wurde in noch niedrigere Höhe zurückgeschnitten („auf den Stubben gesetzt“), um für die Verjüngung und Verdichtung der Hecke im unteren Bereich zu sorgen.

4: In NRW wurde die Nieheimer Flechthecke tatsächlich als immaterielles UNESCO-Kulturerbe anerkannt.

5: Den fundierten Nachforschungen von Georg Müller zufolge, der mit allen verfügbaren Experten auf diesem Gebiet im Austausch darüber war, benötigen zwei (darin geübte) Personen für die Pflege (erneutes Knicken und Kürzen ist hier tendenziell alle zwei Jahre empfehlenswert) einer bestehenden geknickten Hecke für 100 m etwa fünf Stunden. Vgl. Georg Müller, Europas Feldeinfriedungen, Zwei Bände, Stuttgart 2013, I–482.

6: Als vorbildliches Beispiel kann hier das Freilichtmuseum Detmold angeführt werden, in dem verschiedene traditionelle Heckenformen aus NRW angelegt und mit Einladung der Bevölkerung zur Beteiligung jedes Jahr von Expert:innen gepflegt werden, die das Wissen in den letzten dreißig Jahren wieder belebt haben.

Unser Vorschlag: Eine naturschutzgerechte wirtschaftliche Beerntung und Nutzung, auch von Schnittgut, muss im Kontext von Förderprogrammen erlaubt bleiben.

 

Grundsätzlich (vgl. die rechtliche Vorbemerkung oben) ist die wirtschaftliche Nutzung von Hecken, auch durch Beerntung von Früchten und/oder Blättern, zu erlauben, wenn der lokale Bestand der Pflanze dadurch nicht gefährdet wird. Auch wenn Förderprogramme in Anspruch genommen werden, sollte nicht zur vermeintlichen Erhöhung des Naturschutzwertes ein Ausschluss der wirtschaftlichen Nutzung der Hecke zur Förderbedingung gemacht werden.

 

Eine Nutzung von Schnittgut, das durch extensiven Rückschnitt entsteht, ist wirtschaftlich nicht besonders lukrativ, steht aber mit den Zielen des Naturschutzes weiterhin im Einklang. Ob es zur Fütterung von Tieren oder zur Energiegewinnung durch Verbrennen genutzt wird, in jedem Fall werden dadurch an anderer Stelle Ressourcen eingespart, die ggf. auch noch von weiter her hätten herbeitransportiert werden müssen. Dasselbe gilt für das – in der Regel nur in Handarbeit mögliche – Ernten von Blättern, Früchten und Nüssen. Deshalb stellt eine staatliche Honorierung der Flächenbereitstellung für die Hecken, die Anrechnung für GLÖZ8, sowie eine Förderung des Pflegeschnittes bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Nutzung der Hecke keine unangemessene Doppelfinanzierung dar.

4. Gestaltung von Kompensationsmaßnahmen

Unser Vorschlag: Bei der Bilanzierung von Kompensationsmaßnahmen durch die Neuanlage von Hecken sollten die Kosten für die Pflege über den gesamten Verpflichtungszeitraum einberechnet werden.

 

Bei der Neuanlage von Hecken als Kompensationsmaßnahme wird vielfach neben der Pflanzung lediglich eine Fertigstellungs- und Entwicklungspflege in den ersten zwei bis fünf Jahren vorgesehen. Der Verpflichtungszeitraum für Kompensationsmaßnahmen erstreckt sich aber in der Regel über 25 bis 30 Jahre, in denen die Hecke noch mehrfach gepflegt werden muss und in denen keine Förderprogramme für die Fläche in Anspruch genommen werden können. Um sie zu finanzieren, müssen die in dieser Zeit voraussichtlich anfallenden Pflegekosten also von vorne herein in die Bilanzierung der Kompensation einberechnet werden.

 

Bei der baurechtlichen Eingriffsregelung oder beim Ausgleich von gesetzlich geschützten Biotopen nach § 30 Abs. 3 BNatSchG sollte direkt mit einem monetären Ansatz gearbeitet werden, der die tatsächlichen Wiederherstellungskosten der zerstörten Biotope in Geldwerten bemisst (z. B. monetäres Ökokonto der Stadt Ludwigsburg).

 

Die Genehmigungsbehörden sollten prüfen, ob diese Finanzierung gewährleistet ist oder nicht. Nur im Falle einer Gewährleistung ist auch von einer dauerhaft erfolgreichen Maßnahme auszugehen. Sollten einer solchen Praxis Hemmnisse entgegenstehen, sollten diese abgebaut werden. Dazu könnte z. B. eine ungenügende Fachkenntnis seitens der Behörden gehören. Als Maßnahmen eignen sich dafür z. B. die Schulung von Behördenmitarbeit:innen, um eine fachgerechte Pflege und deren Kosten beurteilen zu können, sowie behördliche Erlasse oder Anpassungen in Verordnungen des Landes durch obere Behörden, wie dem Ministerium oder der oberen Naturschutzbehörde.

Unser Vorschlag: Neben der Neuanlage sollte auch das traditionelle und ökologisch besonders wertvolle Legen von Hecken – besonders in Regionen, in denen solche Knicks traditionell verankert sind – als Kompensationsmaßnahme Anerkennung finden.

 

Bestehende Heckenstrukturen bieten einen höheren Biotopwert als neu angepflanzte Jungpflanzen. Verwahrloste Heckenstrukturen wieder in die Pflege zu nehmen oder sie durch traditionelles Flechten oder Knicken zu einem besonderen Biotop umzugestalten, sollte daher neben der Neuanpflanzung von Hecken auch als Kompensationsmaßnahme zugelassen werden.

Unser Vorschlag: Im Anschluss an den Verpflichtungszeitraum im Rahmen der Kompensationsmaßnahme muss die Fläche zu regulären Förderprogrammen zugelassen werden.

 

Der Verpflichtungszeitraum für Kompensationsmaßnahmen beträgt in der Regel 25 bis 30 Jahre, in denen keine Fördergelder für dieselben Aufwendungen beantragt werden können. Eine Anschlussförderung für die Dauerpflege gewährleistet einen dauerhaft guten Zustand der Fläche und sichert somit langfristig das Kompensationsziel. Wird die Pflege der Hecke nach dem Verpflichtungszeitraum weder über Kompensationsmaßnahmen noch über Förderprogramme finanziert, kann nicht von einer Funktionssicherung ausgegangen werden. Um auch hier unterschiedlicher, ggf. restriktiver Auslegungspraxis bei den Genehmigungsbehörden vorzubeugen, sollten Erlasse oder Anpassungen in Verordnungen der Länder die Möglichkeit zur Anschlussförderung für Kompensationsflächen garantieren.

Unser Vorschlag: Eine Vorgabe für Kompensationsmaßnahmen sollte sein, dass die Hecke auch während der Kompensationszeit u. a. wirtschaftlich genutzt werden darf, das betrifft nicht nur das Schnittgut, sondern auch die Ernte von Früchten und Blättern.

 

Aus guter Naturschutz-Absicht wird häufig – teils als behördliche Maßgabe, teils aus Eigeninitiative von denjenigen, die ein Kompensationsprojekt planen – eine Nutzung der für Kompensation vorgesehenen Strukturen ausgeschlossen. Tatsächlich mindert aber weder eine extensive Ernte von Früchten und Blättern noch eine sinnvolle Verwendung von anfallendem Schnittgut den Biotopwert. Vielmehr trägt ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Bewirtschafter:innen an der Entwicklung der Hecke dazu bei, das Biotopziel auch tatsächlich zu erreichen und so seine Funktion für den Naturschutz zu sichern. Deshalb ist es wichtig, dass nicht nur von Behördenseite kein Ausschluss wirtschaftlicher Nutzung bei Kompensationsanträgen gefordert wird, sondern gerade positiv die Vorgabe gilt, dass eine Nutzung im Projektantrag nicht ausgeschlossen werden darf, um als Kompensation zugelassen zu werden. Eine solche Praxis durch die Genehmigungsbehörden kann über Erlasse oder Anpassungen in bestehenden Verordnungen des Landes durch obere Behörden gelenkt werden.

Unser Vorschlag: Um sicherzustellen, dass Projekte, für die Kompensationsgelder in Anspruch genommen wurden, auch tatsächlich umgesetzt werden, sollten standardmäßig Kontrollen durch die Behörden veranlasst werden.

 

Erfahrungen zeigen, dass Kompensationsmaßnahmen nicht immer auch tatsächlich umgesetzt werden. Deshalb sollten Kontrollen, ob die vereinbarten Maßnahmen auch umgesetzt wurden, nicht nur bei Anzeigen von Verstößen durch Dritte, sondern routinemäßig eingeplant und  durchgeführt werden.

Unser Vorschlag: Ersatzgeld sollte vorrangig für Maßnahmen eingesetzt werden, für die es keine ausreichende Förderung gibt.

 

Gibt es beispielsweise in einem Bundesland bislang eine Förderung für die Neuanlage von Hecken, nicht aber für die Pflege bestehender oder die Sanierung stark degradierter Hecken, sollte Ersatzgeld gezielt genutzt werden, um diese Lücken zu schließen.

5. Weitergehende Vorschläge

Unser Vorschlag: Die Entwicklung regionaler Nutzungskonzepte sollte als eigener Fördergegenstand in Hecken-Förderprogrammen berücksichtigt werden.

 

Es braucht ökonomische Perspektiven für die Nutzung von Hecken, um diese langfristig wieder als attraktiven Bestandteil in der Landwirtschaft zu etablieren. Regionale Nutzungskonzepte, die mit lokalen Akteuren (Landwirt:innen, Kommunen, Dienstleister:innen, Naturschutz) entwickelt werden, können diese bisher häufig fehlende Perspektive bieten. Die bislang bestehende Kombination aus ggf. vorhandener Pflegeverpflichtung1, mangelnder Pflegeförderung und ggf. sogar auferlegten Nutzungsverboten stellt wirtschaftlich ein Ungleichgewicht zulasten der Bewirtschaftenden dar und ist nicht zielführend.

 

So könnten z. B. regionale Wertschöpfungsketten und Vermarktungsinitiativen für Lebensmittelerzeugnisse aus Hecken gefördert werden (Hecken-Brotaufstriche, Hecken-Kuchen im örtlichen Café, …), nicht zu vergessen Produkte, die die vielfältigen Möglichkeiten von Heckenpflanzen zur Gesundheitsförderung heben (Hecken-Säfte, Hecken-Tees, alkoholische Auszüge in Form von Spirituosen und Tinkturen, …). Auch eine regionale Nutzung der Biomasse aus der Hecken- und Landschaftspflege könnte mithilfe von Förderprogrammen angeregt werden (energetische Nutzung, Kompostierung). Statt Förderungen auszubauen, die die Kosten für die „Entsorgung“ von Schnittgut übernehmen, sollten Förderprogramme dazu beitragen, dass Schnittgut nicht mehr Kosten verursacht, sondern mittelfristig Gewinn bringt.

 

Eine wirtschaftliche Heckennutzung ist inzwischen vielerorts aus der Praxis gekommen. Bei ihrer Wiederaufnahme handelt es sich aktuell um Pionierarbeit. Daher sollten die Erstellung und Umsetzung entsprechender Konzepte sowie die Anschaffung zu ihrer Umsetzung benötigter Technik förderfähig sein. Bedingung muss sein, dass für den Naturschutz zweckmäßige Intervalle (beim Auf-den-Stock-Setzen wären das Intervalle von 7–15 Jahren) eingehalten werden und ein Abstocken nur abschnittsweise erfolgt.

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1: z.B. bei Wallhecken in Schleswig-Holstein.

Unser Vorschlag: Die Anschaffung von Technik zur Heckenpflege sollte in Förderprogrammen bedacht werden.

 

Um die Pflege von Hecken langfristig zu vereinfachen, kann die Anschaffung spezieller Technik sinnvoll sein1. Diese sollte förderfähig sein, sei es als Modul in speziellen Hecken-Förderprogrammen oder im Kontext von Förderprogrammen, die auch die Anschaffung anderer landwirtschaftlich notwendiger Technik beinhalten.

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1: Von Akteuren aus Nordrhein-Westfalen wurde uns von Hecken berichtet, die auf der Straßenseite von kommunaler Seite in schrägem Winkel geschnitten wird (das ist vorteilhaft zum Erhalt der Dichte der Hecke sowie der Pflanzengesundheit), während die LandwirtInnen in Ermangelung entsprechender Technik auf der Ackerseite, für deren Rückschnitt sie zuständig sind, die Hecke bis zu einer Höhe von 3 m senkrecht zurückschneiden, darüber aber gar nicht mehr, was insgesamt zu Hecken „mit Schlagseite“ und einem recht skurrilen Landschaftsbild führt.

Unser Vorschlag: Es muss eine finanziell funktionierende Möglichkeit geschaffen werden, wie regional hergestellte, gebietseigene Gehölze kleinerer Baumschulen auch bei Projekten zum Einsatz kommen können, die aus öffentlichem Geld (mit-)finanziert werden.

 

Für die Heckenpflanzung in der freien Landschaft ist sinnvollerweise bei bestimmten Sträuchern und Bäumen die Verwendung gebietseigener Gehölze seit über 25 Jahren empfohlen und seit März 2020 Pflicht. Das gilt für alle Projekte, die aus öffentlichen Geldern (mit-)finanziert werden, sei es durch den direkten Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen oder im Rahmen von Förderprogrammen oder Kompensation.

 

Dabei gibt es eine praktische Schwierigkeit: Die gebietseigene Herkunft muss durch eine Zertifizierungsstelle zertifiziert werden, die ihrerseits bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditiert sein muss. Dieser Akkreditierungsprozess ist aufwändig – Mitarbeiter:innen der Zertifizierungsstelle werden bei ihrer Arbeit inklusive bei Kontrollen der zu zertifizierenden Betriebe ihrerseits von der DAkkS in gewissem Umfang begleitet und überprüft. Das soll die Qualität ihrer Arbeit garantieren, kostet aber viel Arbeitszeit und ist entsprechend teuer. Das wiederum führt dazu, dass die so akkreditierten Zertifizierungsanbieter deutlich höhere Gebühren für ihre Zertifizierungsleistung verlangen müssen1. Das ist für viele kleinere Baumschulen finanziell nicht möglich – wenn sie diese Mehrkosten auf ihre Pflanzenpreise aufschlagen, sind sie am Markt nicht mehr mit den größeren Baumschulen konkurrenzfähig, die diese Kosten auf deutlich mehr Pflanzen aufteilen und diese so gleichbleibend günstig anbieten können. Solange eine Baumschule sich nicht durch eine DakkS-akkreditierte Zertifizierungsstelle zertifizieren lässt, kann sie aber ihre Ware für entsprechende Projekte gar nicht mehr verkaufen – das aber ist der Haupteinsatzort für regionale Heckenpflanzen –, sodass sie ebenfalls nicht bestehen kann. So führt die nicht an den Unternehmensumsatz gekoppelte Zertifizierungsgebühr zu einem Wettbewerbsvorteil für große Baumschulen.

 

Auch sachlich torpediert diese finanzielle Schwachstelle der Regelung den ursprünglichen Sinn der Regelung zu Gehölzen: Das Ziel bestand darin, dass durch eine Pflicht zu Pflanzen aus regionalem Saatgut a) die regionale Genvielfalt nicht durch wenige Genpools aus einzelnen Beständen verdrängt wird, die durch große Baumschulen günstig hergestellt werden konnte, und b) dadurch gerade die kleineren, regionalen Baumschulen, die pro Pflanze entsprechend höhere Produktionskosten haben, am Markt bestehen können: Da nur sie diese regionalen Gehölze anbieten könnten, gäbe es, so die ursprüngliche Logik, kein preisgünstigeres Angebot für das nachgefragte Produkt und die für sie notwendigen Preise würden bezahlt. Durch die Akkreditierungspflicht und eine Lücke in der Regelung werden aber genau diese Ziele nicht erreicht: Eine Baumschule muss weder ihren Geschäftssitz in der „Gehölzregion“ haben noch müssen die Pflanzen in der Herkunftsregion aufwachsen, außerdem sind die Regionen (ursprünglich mit dem sinnvollen Gedanken, kein zu kleines Nadelöhr für verfügbare Ware zu schaffen) recht groß2. Das führt dazu, dass etwa für Gehölze, die in Hessen angepflanzt werden sollen, große Baumschulen aus Norddeutschland Samen in akkreditiert-zertifizierten Sammelstellen in Nordrhein-Westfalen sammeln und in Regionen anziehen, wo Boden preisgünstiger ist, aber dadurch nicht unbedingt dem Boden der „Zielregion“ der Pflanze entspricht. Regionaler für ein Heckenprojekt in Hessen wäre aber Ware einer Baumschule, die ihre Samen in Hessen sammelt und ebendort zu Pflanzen zieht. Die aber kann sich die Zertifizierung durch die akkreditierte Zertifizierstelle nicht leisten – jedenfalls nicht, solange sie beim Verkauf in wirtschaftlicher Konkurrenz mit dem unregionalen Großunternehmen konkurrieren muss.

 

Zur Lösung des Problems gibt es verschiedene Möglichkeiten:

 

  • Einzelne Bundesländer erkennen auch die Zertifizierung durch bestimmte Zertifizierungsstellen ohne DAkkS-Akkreditierung für ihre Projekte an. Diese unkomplizierte Möglichkeit erfordert freilich entsprechendes Vertrauen und dafür möglicherweise eine lange Zusammenarbeit mit diesen Zertifizierungsstellen.
  • Eine zweite Möglichkeit bestünde in einer Bezuschussung der Zertifizierungsgebühren: Alle Baumschulen müssen nur einen bestimmten Prozentsatz3 ihres Umsatzes mit gebietseigenen Gehölzen an Zertifizierungskosten selber tragen, die darüber liegenden Kosten werden über ein Förderprogramm übernommen. So wäre die Chancengleichheit auf dem Markt wieder hergestellt.
  • Eine dritte Möglichkeit läge in einer Überarbeitung der Definition von gebietseigenen Gehölzen: Zum einen könnte die Definition von Regionalität dahingehend verschärft werden, dass nicht nur das Genmaterial aus der jeweiligen Region stammen, sondern die Pflanze auch dort gewachsen sein muss. Das ist auch fachlich sinnvoll, denn Pflanzen passen sich unabhängig von ihrem Genmaterial an Boden und Klima ihres Wuchsortes anpassen. Vor allem aber sollte – bei gleicher Qualität – eine Bevorzugung von Ware aus dem näheren Umfeld festgeschrieben werden: Wenn im obigen Beispiel der zu pflanzenden Hecke in Hessen also eine regionale Baumschule ebenfalls die gewünschten Pflanzen liefern kann, müsste dann die Ware für öffentlich (mit-)finanzierte Projekte dort bestellt werden – auch wenn sie teurer ist, also entgegen den sonst üblichen und in vielen Förderprogrammen explizit vorgeschriebenen „Maßgaben von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“. In diesem Falle wäre die teurere Zertifizierung auch für die kleinere Baumschule über den Verkaufspreis finanzierbar. Diese Lösung ist vielleicht die eleganteste und wäre eine Weichenstellung zu nachhaltigeren Vorgaben zum Umgang mit Geld, lässt sich aber am wenigsten kurzfristig und auf Landesebene umsetzen.

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1: Zur Veranschaulichung: Wir wissen von Baumschulen, die bei nicht akkreditierten Zertifizierern etwa 200 € jährlich für ihre Zertifizierung gezahlt haben und nach dem Wechsel zu einem akkreditierten Anbieter nun das zehnfache zahlen.

2: Ganz Deutschland ist in nur sechs Regionen aufgeteilt.

3: Diese sollte sich an dem Prozentsatz orientieren, dem die Zertifizierungsgebühr für die größten Baumschulen in Deutschland gemessen an ihrem Gehölzumsatz entspricht.

Unser Vorschlag: Kommunale und andere öffentliche Flächeneigentümer:innen sollten bei der Vergabe von Pachtverträgen für ihre Flächen Gemeinwohl-Kriterien anwenden, welche auch die Anlage von Hecken und Streuobst als positives Bewertungskriterium enthalten.

 

Anstelle einer Vergabe an diejenigen, welche die höchste Pachtgebühr bieten, werden so Pächter:innen ausgewählt, welche die meisten positiven Leistungen für Natur und Gesellschaft erbringen. Weitere Hinweise zur Gemeinwohlverpachtung finden Sie auf der Website der AbL Mitteldeutschland. Im dort vorgeschlagenen Gemeinwohlkatalog ist die Anlage von Gehölzen berücksichtigt. Auch können Vorgaben zur Pflanzung von Hecken und Gehölzen in Pachtverträgen festgehalten werden.

Handlungsempfehlung Hecken

Lesen Sie hier die Handlungsempfehlung mit Vorschlägen zur Ausgestaltung

 

 

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Stand April 2025